Seit dem letzten Blogeintrag hat sich Einiges verändert: Bei
dem Referendum am 23.06.2016 hatten sich 52 % der Briten für den Ausstieg aus
der Europäischen Union gestimmt. Folgerichtig wird die neue Premierministerin Theresa
May am 29. März 2017 in Brüssel der EU-Kommission dies offiziell mitteilen und
die Verhandlungen dafür eröffnen.
In den Monaten dazwischen gab es auf beiden Seiten des
Ärmelkanals heftige Diskussionen über die jeweiligen Vor- und Nachteile. ZEIT-Online
fasste die Probleme jüngst kurz zusammen: http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-03/brexit-artikel-50-europaeischer-vertrag-theresa-may-antrag/komplettansicht
Nicht nur Schottland, Nordirland, die britischen
Großstädte wie z. B. London stimmten gegen den Brexit. Auch
Wirtschaftsverbände, die City of London und die Hochschulen warnten vor den
Folgen.
Hinzu kommt der schwelende Konflikt innerhalb der
britischen Union mit Schottland und Nordirland. Die Premierministerin von
Schottland möchte noch vor Abschluss der Verhandlungen mit der EU ein zweites
Referendum in der Erwartung, dass ihre Landsleute für den Verbleib in der EU
und damit für das Verlassen des Vereinigten Königreiches plädieren werden. In
Nordirland beginnt gegenwärtig eine ähnliche Diskussion, allerdings mit dem
Ziel, sich mit der Republik Irland endlich vereinigen zu können.
Das stärkt nicht gerade die Verhandlungsposition der
britischen Premierministerin in Brüssel.
Die EU selbst ist auch nicht von Einigkeit geprägt:
Rechtspopulistische, konservative Regierungen in Ungarn und Polen machen
Brüssel das Leben ebenso schwer wie die Türkei, die einmal als
Beitrittskandidat betrachtet wurde, unter Präsident Erdogan aber ein autoritäres
Regime etablieren will. Da die EU weitere Flüchtlingswellen aus Nah- und
Mittelost verhindern will, ist sie von dem Wohlwollen der Türkei abhängig. Die
starken rechten Kräfte in Frankreich, die mit der europafeindlichen Marine Le
Pen sogar den nächsten Präsidenten stellen könnten, drohen die EU ernsthaft zu
sprengen.
Obendrein droht Gefahr für die EU auch von den USA, wo
der neue populistische Präsident Donald Trump zum Schrecken nicht nur der amerikanischen
Intellektuellen dabei ist, das Gleichgewicht der Kräfte (Jurisdiktion,
Legislative, Exekutive) mit einsamen Twitter-Botschaften durcheinander zu
bringen und soziale Errungenschaft wie Obamas Medicare wieder rückgängig zu
machen. Seine Absicht, mit dem Slogan „America first“ das empfindliche Netz der
internationalen Wirtschaftsbeziehungen durch protektionistische Maßnahmen zu
zerstören, würde nicht ohne politische Folgen für alle, vor allem die EU und
China, sein. Es sollte nicht wundern, wenn sich dieser Präsident eben wegen
seines Kampfes gegen das Establishment in relativ kurzer Zeit selbst aus dem
Amt katapultieren würde.
Immerhin hat die gegenwärtig labile Lage auch ihre
positiven Seiten. Nicht zuletzt für die Kabarettisten weltweit. Sie bekommen in
und durch Trump, der wie ein Laienschauspieler in einer Realsatire wirkt, laufend
neuen Stoff für Theatersatire.