So lautete der
Hauptartikel, der am 23. Februar 2019 im Londoner GUARDIAN erschien. Er hat
auch uns in Oxford etwas verstört. Nach den letzten Meldungen aus der Politik
vom 25. Februar, also knapp sechs Wochen vor dem offiziellen
Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union, lauten die beiden
Alternativen: Entweder Hinausschieben um einige Monate oder Ausscheiden ohne
eine Vereinbarung. Die britische Premierministerin Theresa
May, die einen Vertrag mit der EU ausgehandelt hatte, der vom Parlament
abgelehnt worden war, lehnt jedoch eine Verschiebung ab.
Nach den vielen
Auseinandersetzungen der letzten Monate und Wochen, die zwischen der konservativen
Premierministerin und dem Parlament, zwischen Konservativen untereinander und
Labour-Abgeordneten untereinander tobten, liegen bei allen Beteiligten inzwischen
die Nerven bloß. Und jeder Tag bringt neue Verwirrung, so wie gestern, am
25.02., die Ankündigung der Labour-Party, ein zweites Referendum zu unterstützen.
Die Warnschüsse, die von
der britischen Wirtschaft und der Wissenschaft kamen, und die Ermahnungen der
EU-Spitzenpolitiker haben die Mitglieder des Unterhauses in London nur zu einem
geringen Teil beeindruckt. Bleibt der bisherige Common Sense der Briten auf der
Strecke? Nach Meinungsumfragen ist die Bevölkerung weiterhin gespalten.
Verschlungen die Wege zu einer Lösung wie jene in dem Gebäude der Blavatnik School of Government Oxford
Was wären die wichtigsten
Änderungen für all jene, die nach einem No-Deal-Austritt ab 29. März reisen
müssen oder wollen? Der GUARDIAN listete auf:
1. Führerschein: Die Briten, die mit dem eigenen
Auto auf dem Kontinent reisen wollten,
müssten sich ab 30.März einen internationalen Führerschein für € 5,50
kaufen und die Besonderheiten bei Reisen in Frankreich und Portugal beachten.
Der britische Führerschein würde nicht mehr akzeptiert.
2.
Europäische Gesundheitsversicherungskarte:
Sie würde nicht mehr für die Briten gelten, die künftig eine entsprechende
Reiseversicherung kaufen müssten.
3.
Mobilfunk: Mobilfunkgesellschaften
schließen für die Briten nicht aus, dass sie wieder Roaminggebühren zahlen müssten,
die die EU sukzessive abgeschafft hatte.
4.
Pensionen und Renten: Britische Rentner in
der EU müssten sich Sorgen um ihre staatlichen Alterspensionen machen,
insbesondere ob diese weiter jährlich angepasst würden. Private, d.h.
betriebliche, Ruhegehälter wurden jedoch inzwischen geregelt.
5.
Reisen mit Tieren: Die EU-Passregelung für
Tiere würde von teuren Untersuchungen bei jeder Reise auf den Kontinent ersetzt
werden.
6.
Visa: Der visafreie Verkehr nach Europa würde
enden und könnte von 90-Tage-Visa gegen Zahlung von 52 Pfund ersetzt werden.
Diese
Punkte sind noch relativ harmlos, wenn man bedenkt, welche Probleme sich
bereits jetzt in der schwächelnden britischen Wirtschaft zeigen, insbesondere
bei der Autoindustrie. Die Verlagerung von Firmensitzen beweist ebenfalls große
Unsicherheit. Eine Verstopfung der Häfen, die sich nach Einführung von
Zollregularien durch den Rückstau von LKW mit Lebensmitteln und Gütern ergeben
würde, hat das britische Transportministerium schon mal durchgespielt. Und was
sich an neuer Gewalt in Irland ereignen könnte, davon haben die beiden kleinen
Bombenattentate vor einigen Monaten Vorgeschmack gegeben…
Angesichts
eines weiterhin gespaltenen Landes ist zu fragen, ob es überhaupt eine kurzfristige
Lösung geben kann. Und die Erfahrungen der letzten Jahre mit massiven Manipulationen
durch Falschinformationen werfen eine grundsätzliche Frage auf, die mittel- und
langfristig zu beantworten ist: Dient die heute in der westlichen Welt praktizierte
demokratische Verfassung mit Wahlen und Volksbefragungen, die von Populisten
und Einflussnehmern verschiedener Couleur und geographischer Herkunft
beeinflusst werden (können), noch dem gemeinen Wohl, der Res Publica? Allein
zwei aktuelle Beispiele lassen Zweifel aufkommen: Das britische Beispiel einer
Selbstlähmung, die das politische System zur Zeit erfährt, und das
amerikanische Beispiel eines Präsidenten, der gegen alle wissenschaftlichen
Zeugnisse erklärt, dass es den Klimawandel und damit die Gefahr einer
zivilisatorischen Selbstzerstörung gar nicht gibt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen